Fokussieren – Fotos „scharf stellen“
Damit ein Objekt, beispielsweise eine Person, auf dem Foto scharf abgebildet wird, müsst ihr darauf fokussieren. Das ist notwendig, weil (meistens) nicht alles auf dem Foto scharf ist, sondern nur Dinge in einer bestimmten Entfernung zur Kamera. Dabei gibt es jedoch einiges zu beachten – und das erkläre ich euch jetzt.
Kurzzusammenfassung / Inhalt
- ihr müsst fokussieren, damit Objekte auf dem Foto scharf werden
- alle Objekte in der Schärfe-Ebene werden scharf
- Manuell Fokussieren wird selten verwendet
- Autofokus verwenden, damit Kamera automatisch fokussiert
- Fokus-Punkte selbst wählen, damit auch das scharf wird, was ihr möchtet
- Fokus-Methode One-Shot / S-AF für unbewegte Objekte
- Kontinuierlicher Autofokus / AI-Servo / C-AF für bewegte Objekte
- AF-Tracking für Fokus bei seitlichen Bewegungen
- Wie ich fokussiere: Focus then Recompose
- Focus then Recompose für zu Distanz-Abweichungen
- Übung zum Fokussieren
Fokussieren bestimmt die Entfernung der Schärfeebene
Mithilfe des Fokussierens stellt ihr ein, welche Entfernung das zu fotografierende Objekt zur Kamera hat. Ist das Objekt fokussiert, also scharf gestellt, sagt man, dass es „im Fokus liegt“. Die Fokussierung geschieht durch Verschiebung von Linsen im Objektiv, welche meist von der Kamera selbst vorgenommen wird.
Doch nicht nur das einzelne Objekt wird scharf.
Stellt euch eine Ebene vor, die parallel zur Kamera vor euch ist. Die Ebene geht durch das fokussierte Objekt. Alles auf dieser so genannten Schärfeebene wird scharf abgebildet.
Teilweise werden auch Objekte vor und hinter der Schärfeebene scharf, obwohl sie nicht direkt im Fokus liegen – das hängt von eurer Aufnahmesituation und den Kamera-Einstellungen ab.
Manuell Fokussieren
Euer Objektiv hat normalerweise einen Schalter, mit dem ihr zwischen Autofokus (AF) und Manuellem Fokus (MF) wechseln könnt. Stellt den Schalter einmal auf den Manuellen Fokus.
Außerdem hat das Objektiv meistens einen großen verstellbaren Ring zum zoomen und einen schmaleren Ring zum Einstellen des Fokus.
Schaut durch den Sucher und dreht am Fokus-Ring. Ihr werdet sehen, wie sich die Schärfeebene durch den Raum bewegt.
Je nachdem wie ihr den Ring gedreht habt, liegt die Schärfe entweder weiter weg von euch, oder näher dran.
Diese Art des Fokussierens nennt man manuelles Fokussieren. Ihr sagt der Kamera selbst, wo die Schärfe-Ebene liegen soll. Meistens werdet ihr so aber nicht scharf stellen.
Manche Objektive mögen es nicht, wenn ihr am Fokus-Ring dreht, während der Schalter auf AF steht. Achtet auf die richtige Einstellung, damit ihr das Objektiv nicht kaputt macht.
Passt auf, dass die Dioptrien-Einstellung des Suchers richtig eingestellt ist. Diese dient zum Ausgleich von Sehschwächen. Manchmal verdreht man das Rädchen ausversehen und wundert sich dann, warum alles im Sucher unscharf aussieht.
Autofokus
Meistens werdet ihr den Autofokus verwenden. Die Kamera dreht hierbei selbst am Fokus-Ring.
Das geschieht, indem ihr den Auslöser der Kamera halb herunter drückt, bis ihr einen ersten Widerstand spürt. Nun wird das Objektiv ein kurzes Geräusch machen, während es fokussiert. Je nach Objektiv und Kamera geht das extrem schnell.
Drückt ihr den Auslöse-Knopf nun noch über den letzten Widerstand hinaus nach unten, wird das Bild gemacht.
Fokuspunkte – dahin wird fokussiert
Die Kamera besitzt mehrere Fokus-Punkte. Diese sind über einen großen Teil des Bildfeldes verteilt. Wenn ihr durch den Sucher schaut, könnt ihr sie erkennen. Bei Systemkameras sind sie auch auf dem Display sichtbar – ungefähr so:
Ihr könnt der Kamera sagen, ob sie alle Fokus-Punkte verwenden soll, oder nur einen einzelnen. Wie genau das bei eurer Kamera geht, steht im Handbuch.
Habt ihr alle Punkte aktiviert, entscheidet die Kamera selbst welchen sie verwendet. Meistens stellt sie so auf das Objekt scharf, welches euch am nähesten ist.
Oft will man das auch, manchmal aber auch nicht. Wenn ihr durch eine Scheibe im Zoo den Tiger fotografiert, möchtet ihr den Tiger fokussieren und nicht den Dreck auf der Scheibe.
Bei vielen Kameras könnt ihr zusätzlich eine Gesichtserkennung aktivieren. So wählt die Kamera automatisch das Fokusfeld, welches das Gesicht im Bild scharf stellt.
Wählt euren Fokuspunkt selbst!
Ihr könnt auch ganz bewusst ein einzelnes Fokus-Feld aktivieren. So bestimmt ihr selbst, wohin die Kamera scharf stellen soll.
Diese Methode verwende ich selbst, denn ich möchte es nicht der Kamera überlassen, was sie scharf stellt.
Meistens funktionieren nicht alle Autofokus-Sensoren gleich gut- das mittlere AF-Feld ist normalerweise das beste.
Nicht alle Motive lassen sich gleich gut fokussieren. Am besten funktioniert der Autofokus bei deutlichen Motiv-Kontrasten.
Ein weißes Blatt mit schwarzem Text lässt sich beispielsweise super fokussieren. Habt ihr allerdings nur eine weiße Wand als Motiv, weiß die Kamera nicht, wann diese scharf ist. Hier versagt der Fokus komplett.
Fokussieren von bewegten oder stillen Objekten
Besonders schwer wird das Fokussieren, wenn ihr bewegte Dinge fotografiert, z.B. einen Hund der auf euch zu rennt. Dafür könnt ihr den Autofokus-Modus ändern.
Einzel-Autofokus für unbewegte Objekte
Standardmäßig funktioniert der Autofokus wie folgt: Ihr drückt den Auslöser halb durch. Die Kamera fokussiert.
Die Enfernungs-Einstellung für den Fokus bleibt so lange gleich, bis ihr den Finger wieder vom Auslöser nehmt.
Wenn der Hund in der Zeit zwischen Fokussieren und Auslösen aber schon weiter auf euch zu gerannt ist, wird er unscharf.
Kontinuierlicher Autofokus für bewegte Objekte
Deshalb gibt es den Kontinuierlichen Autofokus.
Dabei fokussiert die Kamera die ganze Zeit über, während ihr den Auslöser halb gedrückt haltet. Ändert der Hund also den Abstand zu euch, wird auch neu fokussiert.
Wie ihr zwischen den Fokus-Modi wechseln könnt, steht im Kamera-Handbuch.
Manche Kameras können das Objekt auch bei seitlichen Bewegungen verfolgen, mithilfe des so genannten AF-Tracking. Wenn das Objekt sich zu einem neuen Fokusfeld bewegt, wird dieses automatisch aktivert. Wie zuverlässig das funktioniert weiß ich nicht – habe die Funktion noch nie verwendet.
In hellen Umgebungen funktioniert der Autofokus besser als im Dunkeln. Manche Kameras senden deshalb ein Fokus-Hilfslicht aus um besser scharf stellen zu können.
Die Schärfentiefe – erklär ich euch später
Wie ihr bestimmt schon bemerkt habt, ist manchmal nur relativ wenig außerhalb der Schärfeebene scharf. Manchmal ist aber auch ganz viel scharf.
Die Ausdehnung der Schärfe vor und hinter der Schärfe-Ebene nennt sich Schärfentiefe (manchmal auch Tiefenschärfe).
Diese hängt von der Blende, dem Aufnahmeabstand und der Brennweite ab. Darauf werde ich aber in anderen Artikeln genauer eingehen.
Wie ich selbst fokussiere – Focus then Recompose
Ich persönlich stelle immer selbst ein, welches Fokus-Feld die Kamera verwenden soll. Meistens wähle ich den mittleren Fokuspunkt, da dieser am zuverlässigsten funktioniert.
Oft ist das Foto aber schöner, wenn das Hauptmotiv nicht in der Mitte ist. Dann verwende ich die Methode „Focus then Recompose“.
Dazu fokussiere ich das Motiv zuerst mit dem mittleren Fokus-Punkt. Ich löse dann allerdings noch nicht gleich aus, sondern drücke den Auslöser auch weiterhin noch halb durch.
Während ich den Auslöse-Knopf also noch in dieser Mittelstellung halte, verschwenke ich die Kamera, bis das Motiv an der gewünschten Stelle sitzt. Dann erst drücke ich den Auslöser komplett durch, so dass das Foto gemacht wird.
Die Methode hat auch den Vorteil, dass sie sehr schnell ist – schneller als den passenden Fokuspunkt an der Kamera auszuwählen.
Ihr müsst hierfür natürlich nicht unbedingt das mittlere Fokusfeld nutzen. Wenn ihr wisst, dass das Hauptobjekt demnächst immer irgendwo im oberen Bildbereich liegen wird, könnt ihr einen oberen Fokus-Punkt auswählen und müsst dadurch weniger verschwenken.
Nachteile von Focus then Recompose
Focus then Recompose hat allerdings nicht nur Vorteile. Wenn die Objekte schnell die Entfernung zu euch ändern, kommen sie während des Schwenkens aus der Schärfe-Ebene heraus.
Außerdem gerät das Motiv durch das Kamera-Schwenken immer ein kleines Stückchen aus der Schärfe-Ebene. Die folgende Grafik verdeutlich das:
Seid ihr relativ weit vom Objekt entfernt, ist diese Differenz nicht so groß. Seid ihr jedoch sehr nah dran, kann euer Foto dadurch unscharf werden.
Deshalb solltet ihr im Nahbereich lieber den exakten Fokuspunkt an der Kamera auswählen.
Fokussieren Quick & Dirty
Wenn es ganz schnell gehen muss, wähle ich den mittleren Fokuspunkt und löse auch gleich aus.
Dabei nehme ich aber bewusst mehr von der Umgebung mit auf, als nötig wäre. Im Nachhinein kann ich dann am PC noch etwas vom Bildrand abschneiden, so dass das Hauptmotiv nicht in der Mitte ist.
Dadurch hat das Foto letztendlich zwar nicht mehr so viele Pixel, aber für die Situation immer noch genügend.
Um viele Bilder zurecht zu schneiden nutze ich normalerweise Lightroom.
Übung zum Fokussieren
Schaltet die Kamera in den Modus Programmautomatik. Bei den meisten Kameras, beispielsweise bei allen Canons, dreht ihr dafür das Rädchen auf „P“. Wenn das bei eurer Kamera anders geht, schaut am besten ins Handbuch. Jetzt macht die Kamera erst einmal alles automatisch – nur den Fokus bestimmt ihr selbst.
Fokus-Übung für unbewegte Objekte
- Sucht euch nun ein einzelnes, unbewegtes, Motiv zum Fotografieren. Das kann ein Gegenstand sein, oder eine Blume, oder ein Mensch – was ihr möchtet. Achtet nur darauf, dass es wirklich ein einzelnes Objekt ist und nicht so etwas wie eine komplette Landschaft.
- Stellt die Kamera so ein, dass sie aus allen Fokus-Feldern automatisch wählt (Handbuch). Als Fokus-Methode wählt ihr Single-Autofocus / S-AF / One-Shot.
- Fotografiert nun das Motiv. Achtet darauf, dass es nicht ganz mittig im Bild ist. Hat die Kamera erkannt, dass ihr das Objekt fokussieren wolltet? Dann blinkt normalerweise beim Fokussieren das entsprechende Fokusfeld im Sucher auf.
- Schaut euch danach das Foto auch auf dem Display an, ob es wirklich scharf geworden ist.
- Im nächsten Schritt wählt ihr selbst ein einzelnes Fokus-Feld aus, welches die Kamera zum scharf stellen verwenden soll – aber nicht das mittige.
- Macht das gleiche Foto noch einmal, indem ihr mit diesem Fokuspunkt das Objekt scharf stellt.
- Als letztes verwendet ihr für das Foto die Focus then Recompose Methode. Wählt den mittleren Fokuspunkt, fokussiert das Objekt und verschwenkt die Kamera bevor ihr auslöst.
- Wenn ihr möchtet, könnt ihr an diesem Motiv auch noch den Manuellen Fokus ausprobieren, indem ihr das Objektiv auf MF stellt und am Fokus-Ring dreht.
Fokus-Übung für bewegte Objekte
Das hat alles gut geklappt? Dann probiert noch das Fokussieren von bewegten Objekten. Dafür bieten sich vor allem Autos an, die auf der Straße auf euch zu fahren.
Ihr solltet natürlich auf dem Fußweg stehen und nicht auf der Straße ;)
Nutzt dafür den kontinuierlichen Autofokus / C-AF / AI Servo.
Wenn eure Kamera das kann, könnt ihr hier auch das Fokus Tracking testen.
Wenn ihr die Aufgaben problemlos meistern konntet, seid ihr schon einen großen Schritt weiter.
Ärgert euch nicht, wenn ein paar Fotos unscharf geworden sind – das passiert auch Profis. Der Trick ist, einfach ein paar mehr Fotos von jedem Motiv zu machen.
Fragen zum Fokussieren?
Ihr habt noch Fragen zu dem Thema?
Irgendwas klappt beim Fokussieren nicht richtig?
Dann könnt ihr mir gern einen Kommentar hinterlassen :)
Liebe Grüße
Stefan
Nächster Einsteiger-Artikel: 2. Brennweite von Objektiven
Anonymous
Hallo Stefan,
toller Beitag erstmal!
Kannst du mir sagen wie ich eine Person vor einer weißen Wand fotografieren soll? Ich kriege die Belichtung und Hervorhebung einfach nicht hin.