Sensor APS-C und Vollformat im Vergleich


Vollformat oder Crop – Vorteile und Nachteile

Im heutigen Artikel möchte ich mich mit einem Thema beschäftigen, über das die meisten Fotografen irgendwann einmal nachgedacht haben – dem Wunsch nach einer Vollformatkamera, wie zum Beispiel der Canon 5D MK III oder der Nikon D800.
Zu verlockend hören sich die Vorteile im ersten Moment an – geringeres Bildrauschen, größerer Gestaltungsspielraum mit der Tiefenschärfe, weiterer Bildwinkel bei gleicher Brennweite. Doch ist das tatsächlich immer alles von Vorteil?

Ich selbst bin in die digitale Spiegelreflexfotografie mit einer Canon 350D eingestiegen und verspürte im Laufe der Zeit das Bedürfnis nach einer Vollformat Kamera. Als ich diese dann mit der Canon 5D MK II in den Händen hielt, wurden mir auch die Nachteile dieses Systems bewusst. Ich möchte euch hiermit ein paar Denkanstöße geben, wenn ihr vor der gleichen Entscheidung beim Kamerakauf steht.


Vorteile einer Vollformat Kamera

Wie schon einleitend geschrieben, haben Vollformatkameras viele Vorteile. Nicht umsonst besitzen viele Profikameras einen größeren Sensor als Einsteigerkameras. So kann zum Beispiel der Bildsensor der Canon 1D X ebenso 18 Megapixel aufzeichnen wie der von der Canon 600D. Mit Maßen von 36 mm x 24 mm ist der Sensor der Profikamera jedoch um einiges größer als von der Einsteigerkamera mit nur 22,3 mm × 14,9 mm Größe.

Geringeres Bildrauschen

Aufgrund des Größenunterschiedes können die einzelnen Pixel der 1D X wesentlich größer sein als die der 600D. Je größer die Pixel sind, um so mehr Licht können sie empfangen, was bei höheren ISO-Werten zu geringerem Bildrauschen führt.

Größerer Bildwinkel

Fotografiert ihr viel Landschaft und Architektur wird euch schnell ein weiterer Vorteil auffallen: bei gleicher Brennweite erhaltet ihr einen größeren aufgezeichneten Bildwinkel. Was ihr mit einer Cropformat-Kamera z.B. mit 10 mm aufzeichnet, könnt ihr mit einer Vollformatkamera schon mit 16 mm aufnehmen.

Gestaltung mit Tiefenschärfe

Auch bei der Bildgestaltung mithilfe offener Blendenwerte habt ihr beim benutzen des Vollformates größeren Gestaltungsspielraum. Die Tiefenschärfe welche ihr hier erhaltet ist geringer als die der Cropkameras. So könnt ihr die Schärfe sehr selektiv, zum Beispiel nur auf die Augen einer portraitierten Person, setzen.


Nachteile einer Vollformat Kamera

Aus den offensichtlichen Vorteilen lassen sich aber auch sehr schnell Nachteile ableiten.

Verlust der langen Brennweite

Was ihr bei der Nutzung einer Vollformatkamera an Weitwinkel hinzugewinnt, verliert ihr im Tele-Bereich. Habt ihr bisher eine Cropkamera benutzt, seid ihr einen bestimmten geringen Bildwinkel bei z.B. 200 mm gewöhnt. Bei der Nutzung des gleichen Objektives am Vollformat habt ihr plötzlich nur noch einen Bildwinkel von 125 mm. Dieser Nachteil macht sich schnell bei der Fotografie von Tieren oder Sportaufnahmen bemerkbar.

Ausgleichen lässt sich dieser Brennweitenverlust nur schwer. Eine Möglichkeit ist der Kauf eines Objektives mit größerer Brennweite, was jedoch schnell ins Geld geht. So braucht ihr um wieder annähernd auf den gewohnten Bildwinkel des 200 mm Objektives zu kommen mindestens ein 300 mm Objektiv. Bei einem Canon 200 mm f/2.8 L II USM landet ihr bei ca. 700 Euro Kaufpreis. Ein 300 mm Ausgleich zu finden ist in diesem Preissegment nur schwer möglich. Da wären zum einen zwei Stück von Canon mit Stabilisator und f/4 oder f/2.8 für 1.300 Euro bzw. 6.500 Euro, oder zum Beispiel ein Sigma mit 2.8 ohne Stabilisator für 2.800 Euro. Als günstige Alternativen gibt es die 70-300 mm Objektive der verschiedenen Hersteller, welche jedoch bei 300 mm nur noch eine Lichtstärke von 5,6 besitzen.

Jetzt mögen manche von euch sagen, dass sich der Verlust der Lichtstärke doch durch die bessere ISO-Performance der Vollformat-Kamera ausgleichen lässt. Unter guten Lichtbedingungen mag das vielleicht noch gehen, doch ist auch das Rauschen der 5D MK III bei ISO 3200 stärker als das der 7D bei ISO 800.
Um den Brennweitenverlust auszugleichen könnte noch ein Telekonverter hinhalten, was jedoch letztendlich auch in einer schlechteren Bildqualität und geringerer Lichtstärke endet.

Geringere Tiefenschärfe

Unter kontrollierten Bedingungen mag es wunderbar sein, dass ihr mit der geringen Tiefenschärfe einer Vollformatkamera spielen könnt. Doch wie ist es zum Beispiel Outdoor beim fotografieren von Insekten? Durch den geringen Aufnahmeabstand bedingt habt ihr schon eine sehr geringe Tiefenschärfe bei Cropkameras. Möchtet ihr nun mit dem Vollformat gleiche Schärfe erreichen, müsst ihr Abblenden. Zum Erreichen der selben Belichtung benötigt ihr eine längere Belichtungszeit, was sich bei bewegten Objekten meist nicht umsetzen lässt, oder eine Erhöhung der ISO-Empfindlichkeit, was in erhöhtem Bildrauschen endet. Aber auch bei Objekten bei denen eine hohe Schärfentiefe nicht nötig ist, kann ein Nachteil entstehen, sobald sich diese bewegen. Wenn ihr nur eine Schärfentiefe von wenigen Zentimetern habt, springen Personen schnell aus dem Schärfebereich.

Höhere Objektivkosten

Um die gesamte Fläche des Vollformatsensors zu belichten benötigen Objektive einen größeren Bildkreis als es für die Cropformat-Fläche nötig wäre. Deshalb sind vollformatgeeignete Objektive bei gleichen Spezifikationen in der Regel teurer als solche für Kameras mit kleinerem Sensor.
Habt ihr aus eurer Cropkamera-Zeit Objektive welche für dieses System optimiert waren, könnt ihr diese nicht mehr an der Vollformat-Kamera nutzen, da ihr sonst starke Vignettierungen erhaltet.


Beispiel Hochzeitsfotografie

Hier noch einmal ein kleines Beispiel um euch die Nachteile einer Vollformat-Kamera zu verdeutlichen. Stellt euch vor, ihr wollt ein Hochzeitspaar bei der Trauung in einer dunklen Kirche fotografieren. Euer Standort ist leicht seitlich vor dem Paar, ihr wollt beide zusammen als Halbportrait scharf abbilden.

Erstes Problem

Um den selben Bildausschnitt zu erhalten müsst ihr mit der Vollformat-Kamera näher an das Paar gehen, als es mit der Cropkamera nötig wäre. Je nach Aufbau des Geschehens, agiert ihr so störender als nötig.
Problemlösung: Ein Objektiv mit höherer Brennweite, was höhere Kosten mit sich zieht, oder aber eine geringere Lichtstärke.

Zweites Problem:

Durch den größeren Sensor habt ihr eine geringere Schärfentiefe, so dass ihr weiter abblenden müsst um beide Personen scharf abzubilden.
Problemlösung: Längere Belichtungszeit ist nicht möglich, da sich das Paar bewegt. Höhere ISO-Werte verursachen höheres Rauschen (was wir ja eigentlich durch den Vollformat-Sensor vermeiden wollten). Falls der Einsatz eines Blitzes in der Kirche erlaubt ist, müsst ihr diesen auf höherer Leistung betreiben. Das führt zu längeren Ladezeiten und somit kürzerer Bildfrequenz, was bei wichtigen Situationen wie z.B. der Ringübergabe schädlich werden kann.


Fazit – Crop oder Vollformat

Vollformat Kameras können in vielen Situationen im Vorteil sein. Dies macht sich schnell in dunklen Aufnahmesituationen bemerkbar, bei der Weitwinkel-Fotografie oder dem Spiel mit der Schärfentiefe. Somit eine klare Kaufempfehlung für zum Beispiel Landschaftsfotografen oder Studiofotografen.

Doch durch die Vergrößerung des Bildwinkels entstehen im Telebereich schnell Nachteile, ebenso wie durch die Verringerung der Schärfentiefe. Sportfotografen oder Makrofotografen sollten lieber auf eine Cropkamera zurückgreifen, wie zum Beispiel die Canon 7D.

In der Eventfotografie kann das geringere Rauschen bei hohen ISO-Werten zwar von Vorteil sein, teilweise wird dieser Vorteil durch die geringe Schärfentiefe jedoch wieder zunichte gemacht.


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7 Kommentare

Johnny

Hi, ein sehr schöner Bericht. Aber ich hab trotzdem einen
konstruktiven Punkt :-)

Das mit der Brennweitenverlängerung (ein passenderer Begriff statt „Crop“, denn wenn man so will beschneidet die Vollformat-Knipse ja auch den wahren Ausschnitt vom Objektiv der ja Kreisrund wäre) stimmt. Aber meistens gibt es für die „Crop“-Kameras passende Objektive. EF-S zum Beispiel. Ohne Hintergrundwissen würde ich jetzt denken, dass JEDES Objektiv an einer Starter-DSLR eine größere Brennweite hat. Aber das trifft ja nur für die richtigen KB-Objektive zu.

Hoffe das war jetzt nicht zu unverständlich :-D

bester Gruß,

Johnny

Markus Müller

Du schreibst „das Rauschen der 5D MK III ist bei ISO 3200 stärker als das der 7D bei ISO 800.“

Das mag sein, aber der Vergleich ist völlig falsch. Selbst wenn du ein 2.8er Objektiv am Crop mit einem 5.6er am Vollformat vergleichst (um aus Kostengründen bei beiden auf ca. 300mm zu kommen) ist das nur ein Stop und nicht zwei. Und eine ISO 1600 der 5DM3 kann man sehr wohl mit der ISO800 einer 7D vergleichen. Beim Dynamikumfang macht die 5D sogar nen gaaanz großen Buckel über der 7D, was aber auch dem Alter geschuldet sein kann.

Crop hat kaum Vorteile, außer beim Preis.

http://tinyurl.com/omx7ayc

Stefan Berger

Hallo Johnny,

den Begriff „Brennweitenverlängerung“ mag ich nicht so – schließlich ändert sich die Brennweite des Objektivs nicht, nur weil ich es an eine andere Kamera schraube.
Aber du hast natürlich Recht, dass auch eine Vollformat-Kamera etwas vom Bildkreis abschneidet.

Bei de EF-S-Objektiven hast du, vermute ich, einen kleinen Denkfehler. Sowohl ein 200mm-Vollformat-Objektiv, als auch ein 200mm-Objektiv nur für Crop-Kameras, haben 200mm.
Demzufolge ergibt sich mit beiden Objektiven an der Crop-Kamera der selbe Bildausschnitt.
Nur der Bildkreis des Vollformat-Objektivs ist größer.

Viele Grüße
Stefan

Stefan Berger

Hallo Markus,

zwischen 2,8 und 5,6 liegt noch Blende 4 – sind also zwei Blendenstufen und das gleiche wie ISO 800 und 3200.

Ich will aber auch Vollformat gar nicht schlecht reden – nur kann eine Crop-Kamera in manchen Situationen von Vorteil sein.

Viele Grüße
Stefan

Thomas Duchauffour

Ich fotografiere seit 7 Jahren mit Cropkameras Hochzeiten. Bisher hat sich noch kein Kunde über mangelnde Qualität beschwert.

Viele wollen scharfe Bilder von vorne bis hinten, da die ja das von den Smartphones und Kompaktkameras eh nicht anders gewöhnt sind.

Von daher wäre es Erbsenzählerei wie gut eine Kamera freistellt (geringe Tiefenschärfe). Mit einem 50ger 1.8 oder 1.4 bekommt man das auch an einer Crop hin.

Ich sage nur: Für jeden Einsatzzweck gibt es die richtige Cam. Events und Hochzeiten:
– Crop und Vollformat
– Großformatausdrucke/Werbebranche Mittelformat/Vollformat
– Makro: micro four thirds/Cropformat

Will damit sagen, mach ich einen Umzug, miete ich mir einen LKW.
Will ich reisen, dann mit dem Flieger/PKW/Bahn.
Es kommt halt auf den Einsatz an und auf das, was der Kunde braucht.

Viele Grüße aus Berlin

Thomas

Thomas

Hallo,
wenn ich lese eine Vollformat hätte eine geringere Tiefenschärfe als eine Crop, dann frage ich mich immer, ob ich die „falschen“ Kameras habe.
Ich habe eine 70d(neueste Generation) und eine 5d Mark 1. Dazu diverse Objektive Sigma DG 150mm Macro, Canon EF 100-400, Canon EF-S 10-18 und für Innen ein Sigma DC 30 F1.4 und Tamron DI 28-75.
Die Generationsunterschiede sind klar. Die 70d ist auch absolut Spitze. Für Superweit bis Tele und Macro.
Einziges Problem, bei F<2,8 die Tiefenschärfe. Es ist nämlich genau umgekehrt. Die Tiefenschärfe ist genau um den Cropfaktor kleiner als beim Vollformat.
Also Crop mit BW 30, F2.8, Abstand 2m ergibt einen Tiefenschärfe-Bereich von ca. 50 cm. Bei einer Vollformat mit gleichen Werten habe ich 80cm. Durch den größeren Sensor kann sogar bei gleichen Verschlußzeiten eine Stufe abblenden. Also bei gleichem Licht eine noch größere Tiefenschärfe. So kann ich auch ohne größere Probleme schräg vom Objekt fotografieren.
Deshalb verwende ich im Innenbereich nur die 5d mit dem Tamron oder dem Sigma 150mm und im Außenbereich nur die 70d.

Viele Größe Thomas

Stefan Berger

Hallo Thomas,
ich glaube, du hast da einen kleinen Denkfehler. Wenn wir die Tiefenschärfe der beiden Kameras vergleichen wollen, sollten wir das am besten anhand zweier Fotos machen, die prinzipiell das gleiche Bild zeigen – d.h. die Perspektive und der Bildausschnitt sollten gleich sein. Dass die Perspektive identisch ist, können wir sicher stellen, indem wir die Aufnahmeposition nicht ändern. Dadurch bleibt auch der Abstand gleich, also in deinem Beispiel 2m. Durch die unterschiedlich großen Sensoren würden allerdings zwei unterschiedliche Bildausschnitte herauskommen, wenn wir zwei mal die gleiche Brennweite verwenden – das Foto der 5D würde 1,6 mal mehr vom Motiv zeigen, als das der 70D. Machen wir das Foto mit der 70D bei 30mm Brennweite, müssen wir bei der 5D also 48mm Brennweite (das 1,6-fache) verwenden um den selben Bildausschnitt zu generieren.

Ich habe die Werte mal in einen Schärfentieferechner eingegeben.
5D; 48mm Brennweite; 2m Abstand; f/2,8 – ergibt einen Schärfebereich von 29cm
70D; 30mm Brennweite; 2m Abstand; f/2,8 – ergibt einen Schärfebereich von 48cm

Viele Grüße
Stefan



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